Berner müssen für Brunch drei Wochen vorher reservieren
Bern 11.03.2024 - 07:16
Am Sonntag wuselt es in Bern wie in einem Ameisenhaufen – überall sind Menschen. Trotzdem sind kaum Cafés geöffnet. Was sind die Gründe dafür?
Das Wichtigste in Kürze
- In Bern läuft am Sonntag sehr wenig – viele Cafés in der Altstadt sind geschlossen.
- Jene, die offen sind, haben hingegen einen grossen Ansturm.
- Der Personalmangel macht zu schaffen, vermutet man beim Tibits.
Wer am Sonntag in der Berner Altstadt unterwegs ist, bemerkt schnell: Die Stadt ist zwar voller Leute, Einheimische wie Touristinnen und Touristen. Aber: Zahlreiche Cafés sind geschlossen, gerade rund um den Bahnhof und den Zytglogge.
Nau.ch Leserin Alicia K. (20) beschwert sich: «Ich will am Sonntag oft käfelen gehen, aber das Angebot ist einfach so klein! Vielleicht ist Zürich doch die bessere Stadt, dort läuft wenigstens immer was.»
Das Bedürfnis, am Sonntag in Cafés zu gehen, ist also da. Das sieht man vor allem in den Cafés, die geöffnet sind – die sind nämlich meistens rappelvoll.
Das Geschäft würde sich durchaus lohnen: Gegenüber Nau.ch hat Adrianos – ein auch am Sonntag geöffnetes Café – dargelegt, wie viel Umsatz der Betrieb prozentual pro Tag und Standort wöchentlich macht.
Die Zahlen zeigen: Der Sonntag läuft gut. Im Adrianos am Theaterplatz läuft der Sonntag am viertbesten pro Woche – gleich gut wie der Mittwoch. Im Versa am Kornhausplatz nimmt Adrianos am Sonntag elf Prozent des wöchentlichen Umsatzes ein.
Für Brunch drei Wochen vorher reservieren!
Auch die Tibits-Standorte in Bern sind am Sonntag gut besucht: «Das Gästeaufkommen ist am Sonntag an der Gurtengasse oder im Tibits am Bahnhof Bern sehr gut», bestätigt Marketingleiter Amar Abbas. Genaue Zahlen wolle er allerdings nicht nennen.
Das gute Geschäft liegt bestimmt auch am Brunch, den Tibits am Sonntag anbietet. Brunch ist zurzeit sehr gefragt und die Restaurants, die einen anbieten, sind ausgelastet. Barbara Steimer vom Restaurant Marzilibrücke sagt: «Wir sind in der Tat meist zwei Wochen im Voraus ausgebucht.»
Spezialbewilligungen und Personalmangel
Das führt zu einem regelrechten Run auf offene Beizen: «Derzeit empfehlen wir unseren Gästen, etwa drei Wochen im Voraus zu reservieren, um sicherzustellen, dass sie einen Platz bekommen.» Das erklärt Michael Tinner vom Becanto-Café in Bethlehem.
Wieso haben also so viele Cafés geschlossen, selbst wenn die Nachfrage gross ist? In der Rösterei an der Gurtengasse ist der Grund rein logistisch. Mediensprecherin Beatrice Guldimann erklärt: Der Gastroteil wird in Kombination mit einem Verkaufsladen geführt. «Eine Öffnung am Sonntag wäre nur mit einer Sonderbewilligung für Sonntagsverkauf möglich, oder man müsste den Laden absperren.»
Der häufigste Grund für die Schliessung am Sonntag sei aber vermutlich Personalmangel, vermutet Amar Abbas vom Tibits. «Aktuell ist es in unserer Branche eine Herausforderung, genügend Mitarbeitende zu finden», sagt er.
Das betont auch die Berner Stadträtin Barbara Keller (SP): «Ich finde, es liegt bei den Betrieben zu entscheiden, wann sie geöffnet haben wollen. Am Sonntag bewusst nicht zu öffnen, passiert oft zum Schutz des Personals. Die Gastrobranche kämpft zunehmend mit Personalmangel und hohem Arbeitsdruck, die Löhne sind oft tief und die Arbeitsbedingungen schwierig.»
Parlamentarierin Keller weiter: «Wenn das Gastro-Personal am Sonntag zusätzlich arbeiten muss, leidet das Sozialleben extrem. Es gibt für sie keinen gemeinsamen freien Tag mit ihren Liebsten mehr, denn bereits am Samstag herrscht Hochbetrieb. Ich kann verstehen, dass sich viele Cafés daher dagegen entscheiden.»
Doch diese Meinung teilen nicht alle. Die Berner Stadträtin Janina Aeberhard (GLP) sagt: «Es ist tatsächlich so, dass viele Cafés, aber auch Restaurants in Bern am Sonntag geschlossen bleiben. Ich würde es begrüssen, wenn mehr offen wäre – aber nicht nur Cafés, sondern auch Restaurants!»