YB: Diese drei Baustellen warten auf den Double-Sieger
Bern 06.06.2023 - 11:03
Nach der Saison ist vor der Saison! Bei Double-Sieger YB laufen die Planungen auf Hochtouren – es warten diverse Baustellen auf die Berner. Eine Analyse.
Das Wichtigste in Kürze
- Wie reagiert YB auf bekannte und drohende Abgänge nach der Double-Saison?
- Cedric Zesiger wechselt nach Wolfsburg, ein Transfer von Fabian Rieder wird erwartet.
Nach einem Jahr ohne Titel und Platz drei in der Super League ist YB wieder zurück auf dem Thron. Die Berner krönen ihre Saison am Sonntag sogar mit dem dritten Double der Club-Geschichte.
Die Aussichten auf die nächste Spielzeit sind rosig: Spielerverkäufe und eine bereits fixe europäische Gruppenphase spülen Millionen in die Kassen. Und YB ist in! Aufgrund der hohen Nachfrage wird sogar die Warteliste für Saisonabos eingestellt, es drohten Wartezeiten von hochgerechnet bis zu acht Jahren.
Trotz der hervorragenden Ausgangslage steht YB im Sommer vor wichtigen Entscheidungen. Auf die sportliche Leitung um Sportchef Steve von Bergen, dem VR-Delegierten Christoph Spycher und Trainer Raphael Wicky warten diverse Herausforderungen.
Das sind die drei grössten YB-Baustellen.
1) Wer wird neuer Abwehrchef?
Mit Cedric Zesiger (24, Wechsel zu Wolfsburg) verliert YB seinen unumstrittenen Abwehrchef. Der Linksfuss hat sich bei den Bernern vom GC-Absteiger zum Nationalspieler entwickelt. Diese Lücke kann YB kaum intern füllen.
Denn: Captain Fabian Lustenberger (35) ist mit seiner Erfahrung zwar weiterhin ein wichtiger Eckpfeiler für das Team. Aber auch an ihm geht das Alter nicht spurlos vorbei, gegen schnelle Gegenspieler hat er in der Rückrunde oftmals Mühe.
Mit Mohamed Ali Camara verfügt YB über einen Innenverteidiger, der in der Super League zur Extraklasse zählt. Doch der 24-jährige Nationalspieler Guineas fällt häufig verletzt aus. In fünf Saisons bei YB kommt er nur gerade auf 86 Liga-Spiele. Schwer vorstellbar, dass man das Risiko eingeht und Camara die Abwehr-Verantwortung übergibt.
Mit Aurèle Amenda (19) hat YB zudem einen der talentiertesten Innenverteidiger des Landes unter Vertrag. Mit 16 Einsätzen hat er sich spätestens in der Rückrunde zum Stammspieler gemausert. Doch das Mega-Talent aus Biel BE in drei Wettbewerben zu forcieren, wäre sicher riskant.
Für Sandro Lauper (26) und Loris Benito (31) wären Einsätze in der Innenverteidigung ebenfalls kein Neuland. Trotzdem dürften beide keine Dauerlösung auf dieser Position sein.
Fazit: Ein Innenverteidiger, der dem Team sofort weiterhilft, muss her.
2) Wie kompensiert YB den drohenden Abgang von Fabian Rieder?
Sieben Tore und fünf Assists sammelt Fabian Rieder in 33 Liga-Einsätzen. Doch es sind weit mehr als die nackten Zahlen, die beim 21-Jährigen beeindrucken.
In Raphael Wickys Mittelfeld-Raute ist Rieder der Chef, fast jeder Angriff läuft über den vierfachen Nationalspieler. Das fällt vor allem in den wenigen Spielen auf, in denen Rieder fehlt. Noch ist sein Abgang nicht fix. Aber es wäre sehr überraschend, wenn Rieder zum Ende des Transferfensters noch in Bern wäre.
Mit Kastriot Imeri, Filip Ugrinic und Donat Rrudhani hat YB bereits im Sommer drei Spieler für die Raute geholt. Alle drei haben grosse Qualitäten, diese aber in ihrer ersten Saison noch nicht immer abgerufen. Vor allem von Ugrinic (1 Tor, fünf Assists) und Imeri (fünf Tore, vier Assists) wird nächste Saison mehr erwartet.
Um Rieder aber ersetzen zu können, muss YB auf dem Transfermarkt zuschlagen. FCL-Captain Ardon Jashari dürfte eine Option sein, falls sich dessen Auslandstransfer nicht wie gewünscht realisieren lässt.
Fazit: Ein Abgang Rieders wird schwer zu kompensieren sein. Es braucht einen neuen Spieler – und zusätzlich müssen Imeri und Co. aus dem Schatten des begehrten Teamkollegen treten.
3) Bleibt Wicky seiner Mittelfeld-Raute treu?
Nach dem Double-Gewinn stellt sich die Frage nach dem Spielsystem eigentlich kaum. Doch YB-Trainer Raphael Wicky würde gut daran tun, eine taktische Variante ins Repertoire aufzunehmen. Einerseits, um weniger berechenbar zu sein. Andererseits, um vor allem international auf stärkere Gegner und deren Systeme reagieren zu können.
Würde man zum Beispiel auf drei Innenverteidiger umstellen, hätte man mit den offensiven Aussenverteidigern wie Ulisses Garcia, Lewin Blum oder dem neuen Schweden Noah Persson die optimalen Ergänzungen auf den Aussenbahnen. Ein neuer Innenverteidiger wäre aber auch in diesem Szenario ein Muss.
Kommt dazu: Sollte der begehrte Meschack Elia den Verein verlassen, fehlt neben den Mittelstürmern Itten, Nsame und Monteiro das Tempo-Element. Neben der Suche nach einem möglichen Ersatz könnte auch eine Umstellung auf ein «flügellastigeres» System helfen.
Fazit: National funktioniert die Raute von Raphael Wicky bislang gegen die meisten Gegner. Dass aber vor allem international eine gewisse Flexibilität weiterhilft, hat der FC Basel in dieser Saison bewiesen.