Lädelisterben: Wie das Coronavirus das lokale Gewerbe beeinflusst
Bern Nord 14.10.2020 - 09:36
Lädelisterben auf dem Land? Wie schwer hat der Lockdown das lokale Gewerbe getroffen? Regionale Gewerbetreibende erzählen von ihren Erfahrungen.
Michael Kummer ist Präsident des Gewerbevereins Fraubrunnen und Geschäftsführer eines Bauunternehmens. Die Situationen im lokalen Gewerbe seien momentan total unterschiedlich.
«Bei uns in der Bauunternehmung sind wir bisher glimpflich davongekommen, während die Auswirkungen im Gastgewerbe katastrophal sind», sagt er.
Die Konsequenzen des Lockdowns
«Unser Alltag auf dem Bau wurde wegen der Vorschriften des Bunds etwas komplizierter. Wir mussten aber nie schliessen oder einstellen, sondern konnten bisher ohne Unterbruch arbeiten.»
Welche Konsequenzen der Lockdown auf die Baubranche haben wird, werde sich erst später zeigen.
«Künftig müssen wohl einige Projekte und Investitionen gestoppt oder gar gestrichen werden, weil schlicht und einfach die finanziellen Mittel fehlen», so Kummer.
Hofladen und Drogerie haben leicht profitiert
Profitiert vom Lockdown hat der Hofladen des Betriebs Kunz aus Büren zum Hof.
«Wir haben aber nur sehr kurz profitiert», sagt Adrienne Kunz, die den Hofladen führt. «Nun merken wir bereits wieder einen Rückgang der Kundschaft.»
Die Drogerie Studer aus Fraubrunnen kann wegen des Coronavirus einen leichten Umsatzanstieg verzeichnen. «Offensichtlich wird häufiger lokal eingekauft», sagt Ursula Eberhard, Geschäftsführerin.
Immerwährender Kampf gegen Grossverteiler
Ähnliches sagt Gewerbevereinspräsident Michael Kummer. «Die Corona-Situation hat ihnen den ohnehin immerwährenden Kampf gegen die Grossverteiler bestimmt nicht einfacher gemacht.»
Trotzdem ist er überzeugt, dass das Gewerbe mit seiner Flexibilität und Kreativität sicherlich ein Ausrufezeichen setzen konnte. «So konnten die Gewerbetreibenden der Bevölkerung zeigen, dass sie immer noch wertvoll sind und gebraucht werden.»
Was sind die Auslöser fürs Lädelisterben?
Die häufigsten Gründe fürs Lädelisterben und Konkurse bei lokalen Gewerbetreibenden ist der Umsatzrückgang. Laut Michael Kummer stehen dabei Aufwand und Ertrag in einem Missverhältnis.
«Dies führt dazu, dass die Jungen keine Perspektive haben das Geschäft der Eltern zu übernehmen», sagt er. «Und so ist vielerorts die Nachfolge nicht mehr gewährleistet.»
Schlafgemeinden
Ursula Eberhard ergänzt: «Dörfer werden manchenorts zu reinen Schlafgemeinden. Ein Grossteil der Bedürfnisse werden unterwegs oder am Arbeitsort gedeckt.»
Jedoch werde für vergessene Einkäufe oder auch speziellen Anliegen der Laden vor Ort berücksichtigt.
Einen weiteren Grund führt Adrienne Kunz vom Betrieb Kunz aus: «Grosse Anbieter sind oft günstiger und kleine Läden haben oft hohe Anforderungen zu erfüllen.»
Individuelle Lösungsansätze
Eine einheitliche Lösung gegen das Lädelisterben gibt es nicht. Michael Kummer sagt: «Die Lösungsansätze sind sehr individuell.»
Grundsätzlich könne man sich nur durch die Qualität, den Kundenservice, die Flexibilität und die Kreativität von den Grossverteilern abheben.
Für Ursula Eberhard ist es wichtig, dass die Dörfer attraktiv bleiben. Sei es mit mehreren kleinen Läden, der Post, dem Gemeindeschalter oder bedienten Banken.
«Nur wenn verschiedene Sachen im Dorf erledigt werden können bleiben die Kunden im Ort», so Eberhard.
Nicht ins Ausland fahren
Michael Kummer sagt, was die Einwohnerinnen und Einwohner gegen das Lädelisterben tun können und wie dem lokalen Gewerbe geholfen wird. «Sie können helfen, indem sie nicht Wasser predigen und Wein trinken!», sagt er.
«Ich bin da etwas zynisch. Die Einwohnerinnen und Einwohner können direkt helfen, indem sie die Geschäfte in der Nachbarschaft berücksichtigen und nicht die Shoppingcenter oder gar ins Ausland fahren, nur um billiger einzukaufen.»
Lokale Anbieter bevorzugen
Ursula Eberhard von der Drogerie Studer stimmt zu, ebenso Adrienne Kunz vom Betrieb Kunz. «Ich selbst bevorzuge immer lokale Anbieter», sagt sie.
Für sie hat das lokale Einkaufen einige Vorteile. «Kurze Anfahrtswege, man kennt einander und regionale Arbeitsplätze werden angeboten.»
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