Werner Salzmann (SVP Bern): Nein zur Biodiversitätsinitiative
Bern Nord 16.09.2024 - 04:10
Werner Salzmann setzt sich für ein Nein zur Biodiversitätsinitiative. Die Ernährungssicherheit in der Schweiz müsse gewährleistet bleiben. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 22. September 2024 stimmt die Schweiz zur Biodiversitätsinitiative ab.
- SVP-Ständerat Werner Salzmann spricht sich im Gastbeitrag für ein Nein zur Initiative aus.
- Die Initiative würde grössere Abhängigkeiten von Nahrungsmittelimporten bedeuten.
In Krisenzeiten setzen alle Staaten ihre eigenen Prioritäten, die für das Wohl der eigenen Bevölkerung relevant sind. Dass dies für andere Länder Konsequenzen haben kann, ist klar. Dass es allerdings nicht nur zu Lieferengpässen, sondern sogar zu Maskenlieferungsblockaden durch Deutschland kommen würde, hätten wir wohl vor der Pandemie nicht für möglich gehalten.
Bei den Nahrungsmitteln ist es genau gleich: Ein Land, das nicht in der Lage ist, seine Bevölkerung in Krisenzeiten zu ernähren, wird unter schwerwiegenden Folgen leiden. Der Ukrainekrieg zeigt die heutigen globalen Abhängigkeiten nur allzu deutlich. Die Getreidelieferungen aus der Ukraine gelangen immer noch nicht in vollem Umfang in die früheren Zielländer. Laut WHO leiden dadurch auf der ganzen Welt fast eine Milliarde Menschen an Hunger.
Es ist moralisch, versorgungstechnisch und sicherheitspolitisch für die Schweiz nicht richtig, durch zusätzliche Biodiversitätsflächen zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion den Selbstversorgungsgrad zu senken und den Nahrungsmittelbedarf auf Kosten der armen Länder auf dem Weltmarkt zu decken.
Der Selbstversorgungsgrad ist in den letzten Jahren UNTER 50 Prozent gesunken, obschon das Volk am 27. September 2017 mit 78,6 Prozent, also mit überwältigender Mehrheit, die Verankerung der Ernährungssicherheit (Artikel 104a) in der Verfassung angenommen hat. Dieser Trend darf sich nicht fortsetzen.
Grössere Abhängigkeit und Mehrimporte
Pro Natura – als eine Initiantin – hat in einer Ende 2023 veröffentlichten Medienmitteilung kommuniziert, dass gemäss ihren Berechnungen nur 8 Prozent der angepeilten 30 Prozent der Landesfläche ausreichend geschützt sind.
Damit fehlt eine Fläche der Grösse der Kantone Bern, Freiburg, Neuenburg und Solothurn zusammen, die sie gezielt für die Förderung der Biodiversität einsetzen wollen.
Würde die produktionsfeindliche Initiative angenommen, würden sich somit die Nahrungsmittelimporte stark erhöhen. Die Initiative steht also im Widerspruch zur aktuellen Diskussion über eine möglichst unabhängige Versorgungs- und Ernährungssicherheit.
Schädlich für das Klima
Wenn noch mehr fruchtbares Kulturland für die Biodiversität ausgeschieden wird, ist dies paradoxerweise auch schlecht für die Umwelt. Bei Annahme der Initiative müssten wir zusätzliche Flächen im Ausland belegen, um die Versorgung unserer Bevölkerung sicherzustellen.
Damit würden wir für unser Essen das Ausland einfach mehr belasten. Denn schon bei einem Import von 50 Prozent unserer Nahrungsmittel fallen 70 Prozent der Umweltwirkung im Ausland an.
Dazu kommt aktuell ein weiterer Aspekt: Das Ausscheiden von umfangreichen, streng geschützten Gebieten steht in Konflikt zur Erstellung von Anlagen für die einheimische erneuerbare Energie.
Das schadet der Versorgungssicherheit und dem Eigenversorgungsgrad mit Energie, was sich wiederum negativ auf den CO2-Ausstoss auswirken würde. Somit schadet die Initiative der Umwelt und dem Klima.
Unabhängige Nahrungsmittelproduktion in der Schweiz gewährleisten
Die Initiative schiesst nicht nur über das Ziel hinaus, sondern rennt mit ihrem Anliegen für die schweizerische Biodiversität offene Türen ein: Die Landwirtschaft erbringt bereits weitgehende Leistungen für die Biodiversität.
19 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche – das sind 195'000 Hektare – werden als Biodiversitätsförderflächen bewirtschaftet. Zusätzlich bewirtschaftet die Landwirtschaft Sömmerungsflächen im Umfang von rund 500'000 Hektare extensiv. Auch diese Flächen leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Biodiversität.
Aus all diesen Gründen, aber insbesondere im Interesse einer unabhängigen und sicheren Nahrungsmittelproduktion in der Schweiz, muss die Initiative abgelehnt werden.
Zum Autor: Werner Salzmann (*1962) ist SVP-Ständerat im Kanton Bern. Der diplomierte Bauer lebt in Mülchi, ist verheiratet und hat vier Kinder.