Stadt Bern startet Projekt für Finta-Notschlafstelle

Bern,
Die Stadt Bern startet einen Testbetrieb für eine Notschlafstelle speziell für Frauen sowie intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen.

Die Stadt Bern startet einen einjährigen Testbetrieb mit einer Notschlafstelle für Frauen, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender Personen, kurz Finta. Betrieben wird die Institution von der Stiftung Heilsarmee Schweiz.
Mit dem Projekt will die Notschlafstelle eine besonders vulnerable Gruppe von Personen erreichen, die sich in gemischtgeschlechtlichen Notschlafstellen unsicher fühlen und diese deshalb meiden.
Sie sei froh, mit der Finta-Notschlafstelle das Angebot der Stadt Bern um ein Puzzleteil für eine besonders vulnerable Personengruppe erweitern zu können, sagte Gemeinderätin Ursina Anderegg (Grünes Bündnis) am Dienstag vor den Medien.
Finta seien öfter Gewalt ausgesetzt als Männer. Dies sei möglicherweise mit ein Grund, warum diese Personengruppe gemischtgeschlechtliche Notschlafstellen eher meide.
«Wir wissen wenig über die Bedürfnisse der Finta», sagte Claudia Hänzi, Leiterin Sozialamt Stadt Bern. Mit dem Pilotprojekt wolle man auch Bedürfnisse eruieren, damit das Angebot den Nutzenden auch entspreche.
Eine neue Zuflucht inmitten von Bern
Die Finta-Notschlafstelle bietet 18 Plätze und ist als Zwischennutzung an der Kursaalstrasse 6 in Bern untergebracht. Insgesamt sind für den Betrieb 690 Stellenprozente vorgesehen, wie Manuel Breiter von der Stiftung Heilsarmee sagte. Der Ort soll ein niederschwelliger, sicherer Rückzugsort für Frauen und Finta sein.
Die Liegenschaft gehört einer gemeinnützigen Stiftung. Für den Betrieb hat die Stadt Bern mit der Stiftung Heilsarmee einen Leistungsvertrag abgeschlossen. Der Kanton Bern hat dem Projekt zugestimmt.
Sie sei guten Mutes für ein definitives Angebot, führte Hänzi aus. Aktuell suche man nach einer entsprechenden Liegenschaft.
Bis 2026 ist die Notschlafstelle in einer älteren Liegenschaft untergebracht, die Wände sind frisch gestrichen, ansonsten waren keine grösseren baulichen Eingriffe nötig. Das Haus war bereits für eine ähnliche Nutzung zuvor in Betrieb.
Einblick in das neue Schutzhaus
Die Zimmer sind einfach eingerichtet, aber zweckmässig. Auf jedem Stock gibt es Toilette und Bad sowie eine Küche. Im Erdgeschoss führt eine Treppe in einen kleinen Garten. Es gibt auch einen Raum mit einem Fernseher
Die Notschlafstelle wird während sieben Tagen und 24 Stunden betrieben. Dies sei wichtig, weil Finta oft in der Sexarbeit tätig seien, führte Anderegg aus. Vor Ort sind immer auch Fachpersonen, die Nutzenden betreuen können
Vorbilder für eine Finta-Notschlafstelle hatten die Berner Verantwortlichen kaum, umso wichtiger sei es nun Erfahrungen mit diesem niederschwelligen Angebot zu sammeln, sagte Breiter
Seit 2021 steigt die Zahl obdachloser Menschen in Bern, wie Anderegg ausführte. Im Winter 2024/25 waren es durchschnittlich 40 bis 60 Personen, die draussen übernachten mussten trotz zusätzlicher Notschlafstellenplätze in der Tiefenau
Ursachen und Ausblick
Warum diese Zahlen steigen, ist laut Anderegg nicht wissenschaftlich erhärtet. Es bestehe die Vermutung, dass die Überlastung psychiatrischer Kliniken und die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie eine Rolle spielen
Rund die Hälfte der Obdachlosen in der Stadt Bern litten teilweise an gravierenden psychischen Erkrankungen, häufig in Kombination mit einer Suchterkrankung.