Remo fährt Dachs an und meldet es nicht – 3800 Fr. Busse

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin, Andrea Schüpbach

Bern,

Ein Autofahrer überfahrt einen Fuchs und begeht Fahrerflucht. Dieses pflichtwidrige Verhalten stellt die Polizei täglich fest – und kann teuer werden.

Dachs
Wer ein Wildtier anfährt, muss dies melden. Sonst droht eine saftige Busse. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Autofahrer begehen regelmässig Fahrerflucht nach einer Kollision mit einem Tier.
  • Dabei gibt es eine gesetzliche Pflicht zum Anhalten und Melden von Wildunfällen.
  • Nicht gemeldete Wildunfälle können teure Konsequenzen haben.

Mit 120 Kilometern pro Stunde brettert Bernhard Müller* auf der Autobahn. Es ist noch früh am Morgen, die Strasse ist leer.

Dann plötzlich rumpelt es. Warum, weiss Müller zunächst nicht.

Sein Beifahrer ist sich aber sicher: Er will einen Fuchs gesehen haben.

«Bei diesen hohen Geschwindigkeiten ist das Tier mit Sicherheit tot», denkt sich Müller. Und fährt, ohne anzuhalten, weiter Richtung Flughafen, um dort den Beifahrer zum Gate zu bringen.

Als er nach der Rückfahrt zu Hause ankommt, gibt es einen Rüffel. «Du hättest anhalten müssen und hättest nicht einfach weiterfahren dürfen!», wirft ihm seine Frau vor.

Und tatsächlich: Eine kurze Internet-Recherche zeigt, dass eine gesetzliche Pflicht zum Anhalten und Informieren der Polizei besteht.

Wer dies unterlässt, begeht nicht nur Fahrerflucht, sondern kann auch wegen Tierquälerei angezeigt werden. Letzteres zieht neben einer Busse auch eine Geldstrafe samt Eintrag ins Strafregister mit sich.

Auch ein Entzug des Führerausweises ist möglich.

«Seither plagt mich ein schlechtes Gewissen», sagt Müller. «Das war mir alles nicht bewusst!», sagt er.

Autofahrer begehen «täglich» Fahrerflucht begehen

Tatsächlich: Laut der Kantonspolizei Bern kommt es «häufig» vor, dass Autofahrer nach einer Kollision mit einem Wildtier Fahrerflucht begehen.

Und die Kantonspolizei Aargau sagt zu Nau.ch: «Wie Meldungen über tote Wildtiere oder überfahrene Katzen zeigen, geschieht pflichtwidriges Verhalten nach der Kollision mit Tieren leider täglich.»

Hast du gewusst, dass man nach einer Kollision mit einem Tier nicht einfach weiterfahren darf?

Die Aargauer Polizei ergänzt: «Wegen der Wildschutzzäune sind Wildunfälle auf der Autobahn eher selten. Wie der vorliegende Fall zeigt, können sie dennoch passieren.»

TCS-Sprecher Marco Wölfli erklärt gegenüber Nau.ch, wie man sich in einem solchen Fall verhalten muss. «Beim Zusammenprall sollte man das Lenkrad gut festhalten und die Fahrspur halten», beginnt er.

«Beim Crashversuch hat sich gezeigt, dass ein Ausweichmanöver weit schlimmere Folgen haben kann als ein direkter Zusammenstoss mit dem Wild.»

Aber: «Nach dem Zusammenprall soll man auf den Pannenstreifen fahren», sagt Wölfli.

Egal ob auf der Autobahn oder auf einer Ausserortsstrecke, müssen solche Kollisionen umgehend gemeldet werden. «Wer dies unterlässt, macht sich des pflichtwidrigen Verhaltens nach einem Verkehrsunfall strafbar», mahnt der Aargauer Polizeisprecher Bernhard Graser.

Polizei: «Kollision mit einem Wildtier kann jedem passieren»

Daher muss nach man nach einer Kollision umgehend anhalten, die Unfallstelle signalisieren und die Polizei anrufen. Die Polizei bietet dann die Jagdaufsicht auf und sichert nötigenfalls die Unfallstelle ab.

«Gerade auf der Autobahn ist der eigenen Sicherheit grösste Beachtung zu schenken», sagt Graser. «So mahnen wir, niemals die Fahrbahn zu betreten und hinter der Leitplanke das Eintreffen der Polizei abzuwarten.»

«Dabei braucht man keine Konsequenzen zu fürchten, wenn man einen solchen Unfall verursacht», sagt er. «Eine Kollision mit einem Wildtier, das unvermittelt auf die Strasse rennt, kann uns allen passieren.»

Dass nicht-gemeldete Wild-Unfälle schnell sehr teuer werden können, zeigt ein weiterer Fall, der Nau.ch bekannt ist.

Das Ereignis von Remo Keller* liegt schon einige Jahre zurück.

Meldung an Versicherung lässt Fahrerflucht auffliegen

«Ich habe einen Dachs angefahren. Ich hielt an, schaute mein Auto an und entdeckte aufgrund der Dunkelheit keinen Schaden», erzählt er.

«Ich suchte den Ort ab, aber vom Dachs war weit und breit keine Spur. Ich dachte also, dem Dachs hat es nicht viel gemacht und er hat keinen grossen Schaden davon getragen. Also fuhr ich weiter.»

Das Ganze hat für Keller aber weitreichende Folgen.

Am nächsten Tag entdeckt er einen Karosserie-Schaden, bringt den Wagen in die Werkstatt. Weil eine Meldung an die Versicherung gemacht werden muss, kommt die Erzählung über Umwege zur Polizei.

Warst du schon einmal in einen Unfall verwickelt?

Der Dachs wird einen halben Tag später tot aufgefunden. Aufgrund der Meldung von Remo.

Die anschliessenden Vorwürfe sind heftig: Fahrerflucht und Tierquälerei.

Remo lässt sich von Dritten beraten. Man teilt ihm mit, dass man allenfalls die Anzeige/Straftat bezüglich Tierquälerei wegbringen würde. Beim Zusammenprall mit dem Dachs war es bereits 1 Uhr in der Nacht.

Dachs stirbt nach Kollision – fast 4000 Franken Strafe

«Der Wildhüter wäre um diese Zeit wohl gar nicht mehr gekommen. Die Polizei eventuell schon – aber wenn sie gekommen wären, dann voraussichtlich ohne Hund

Die Polizei hätte somit wenig Chancen gehabt, den Dachs in einem weitläufigen Gebiet mit Wald zu finden, glaubt Remo Keller. «Man hätte ihn nicht von den Schmerzen erlösen können.»

Die Busse ist aber mindestens genauso happig.

Keller kassiert insgesamt eine Strafe von 3820 Franken! 2500 davon muss er nicht zahlen, weil er sich in den nächsten zwei Jahren nichts zu Schulden lassen kommt.

Dennoch entschied er sich gegen eine Einsprache. «Dafür bin ich mir heute noch reuig. Aber ich war jung und hatte nicht viel Geld auf der Seite.»

* Namen geändert

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