Militärflugplatz: China-Spion ist laut Freund «nicht der einzige»
Interlaken-Oberhasli 19.04.2024 - 07:54
Ein chinesischer Student in der Schweiz soll als Spion ein Doppelleben geführt haben. Ein Freund sagt nun: «Er war sicher nicht der Einzige!»
Das Wichtigste in Kürze
- Ein chinesischer Hotelier soll den Flugplatz in Meiringen BE ausspioniert haben.
- Währenddessen studierte er in Leysin VD – seine Mitstudenten wussten nichts vom Hotel.
- Ein Freund glaubt, dass es an seiner Uni noch mehr chinesische Spione gibt.
Im Jahr 2018 kaufte der junge Chinese David (22) für 800'000 Franken das Hotel Rössli direkt neben dem Militärflugplatz in Meiringen BE.
Von dort aus soll er mit seiner Familie fünf Jahre lang Spionage betrieben haben. Bis es zu einem Polizeieinsatz kam und die Familie im Sommer 2023 die Schweiz verliess, wohl zurück in Richtung Peking.
Die Spione sollen die amerikanischen Kampfflugzeuge F-35, die im Berner Oberland getestet wurden, im Visier gehabt haben. Die Schweizer Armee hat 36 davon bestellt.
China soll an diesen Flugzeugen ein grosses Interesse haben. Denn diese amerikanischen Jets sollen den chinesischen überlegen sein. Vom Rössli aus hat man einen erstklassigen Blick auf die Start- und Landebahn.
Während der mutmasslichen Spionage führte der 1996 geborene Chinese David offenbar ein Doppelleben: Einerseits war er Hotelier in Meiringen – andererseits studierte er an der Schweizer Hotelfachschule in Leysin VD. Sie ist in chinesischer Hand.
Studienkollege wusste nichts von Doppelleben
Davon, dass die Eltern des jungen Mannes in der Schweiz lebten, hatten seine Mitstudenten keine Ahnung. Rodrigo Navarro, ein ehemaliger Studienkollege, sagt gegenüber der SRF-«Rundschau»: «David hat mir erzählt, dass seine Eltern in China leben, wie bei den anderen chinesischen Studenten. Er hat nie erwähnt, dass seine Eltern in der Schweiz leben und Deutsch sprechen.»
Es überrasche ihn, dass der Chinese während des Studiums ein Hotel gekauft und dieses mit seinen Eltern geführt habe. «Das ist verrückt», hält Navarro fest.
Dass sein Kollege ein Spion gewesen sein soll, überrascht ihn jedoch nicht. Rodrigo meint gar: «Ich bin sicher, dass er nicht der Einzige war! Andere, mit denen ich in der Klasse war, sind sicher ebenfalls Spione gewesen.»
Er und ein italienischer Studienfreund hätten damals gescherzt, dass einige chinesischen Studenten Spione seien. Und die chinesische Regierung ihre Ausbildung bezahle.
Spionage in Meiringen BE «gut vorstellbar»
Offiziell ist bei dem Einsatz im Hotel Rössli nur die Rede von Verstössen gegen Ausländer- und Arbeitsrecht, nicht von Spionage. Ralph Weber vom Institut für Europäische und Globale Studien der Universität Basel sagt jedoch: Es sei «gut vorstellbar, dass an der Geschichte etwas dran ist».
Denn: «Man kommt in der Schweiz sehr viel näher an solche militärischen Anlagen als zum Beispiel in den USA. Das eröffnet sicherlich Möglichkeiten, die eben einem chinesischen Parteistaat auch offensichtlich sind.»
Auch Ariane Knüsel, Historikerin an den Universitäten Freiburg und Basel, erklärt, chinesische Spionage sei in der Schweiz Realität. «Wir hatten Dutzende Fälle von chinesischen Studenten, die so zur Mitarbeit gezwungen oder überredet wurden», so Knüsel.
Aber nicht nur Studenten hätten für China spioniert – sondern auch Wissenschaftler, zum Beispiel am Cern. «Wir haben sehr viele solche Einrichtungen und Firmen, wo das gemacht wurde. Auch bei den internationalen Organisationen in Genf», hält Knüsel fest.
Der uigurische Oppositionelle Kerim Sharif hat ebenfalls ein solches Angebot aus China erhalten, wie er in der Sendung erklärt. Er schlug dieses zwar aus, aber «viele» andere hätten zugesagt. Die Schweiz hält er in diesem Zusammenhang für «naiv».