Literaare: seit 20 Jahren ein Ort für Entdeckungen und Begegnungen

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Thun,

Das Literaare in Thun startet heute in seine 20. Ausgabe, und Gründerin Tabea Steiner erzählt, was die DNA des ehrenamtlich organisierte Festivals ausmacht.

Literatur
Das Literaturfestival Literaare in Thun startet heute in seine 20. Ausgabe. (Symbolbild) - keystone

Das Literaare in Thun startet heute in seine 20. Ausgabe (-09.03.). Was bis heute die DNA des kleinen und weitgehend ehrenamtlich organisierten Literaturfestivals ausmacht, erzählt die Gründerin Tabea Steiner.

Die Thurgauer Autorin und Literaturvermittlerin Tabea Steiner blickt gerne darauf zurück, wie sich das Literaare gewandelt hat: zum Beispiel wer vor 20 Jahren die wichtigen Schriftsteller waren, die so unnahbar schienen oder dass sich das Publikum heute auch auf ganz andere Namen einlässt.

Das Team um Steiner programmiert unabhängig von Neuerscheinungen, im Gegensatz zu grossen Festivals wie die Solothurner Literaturtage oder die BuchBasel, die genau daran gebunden sind. «Als ich 2016 die deutsche Autorin Monika Zeiner einladen wollte, meinte sie entschuldigend, sie habe gar kein neues Buch. Das spielt für uns nicht die Hauptrolle. Wir wollten 'Die Ordnung der Sterne über Como' (2013)», erinnert sich Steiner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

So ist das Literaare für viele ein Ort geworden, um Bücher zu entdecken; oft sind es persönliche Lieblinge des Teams. Steiner ist beispielsweise besonders stolz, dass die aktuelle Deutsche Buchpreisträgerin Martina Hefter bereits vor drei Jahren in Thun war. «Wir sind ein kleines Festival, welches Begegnungen ermöglicht. Das schätzen die Leute auch.»

Grosses Gespräch mit Publikum

Ganz besonders gelang dies 2016 mit Monika Rinck, Ulrich Peltzer und Terézia Mora, die jeweils auch die Lesungen der anderen besucht und sich in den Publikumsgesprächen gegenseitig Fragen gestellt hatten. «Das ganze Festival war ein grosses Gespräch. Alles schien zusammenzuhängen, alle sind miteinander in Beziehung getreten. Auch mit dem Publikum. Sowas kann man nicht planen.»

Als weiteres persönliches Highlight erinnert sich Steiner an die Bühnenbilder von Hanswalter Graf: Der Thuner Künstler hat 2018 für Lesungen Requisiten des örtlichen Theaters Alte Oele ausgesucht. «Bei jeder Lesung war da ein komplett neues Bühnenbild. Wenn sich der Vorhang öffnete, ging jeweils ein Raunen durch das Säli. Das war so poetisch und sehr besonders», erinnert sich Steiner an die 13. Ausgabe.

Bereits seit der allerersten Ausgabe gibt es den Schreibwettbewerb, der jeweils drei Schreibenden, die noch nicht publiziert haben, die Möglichkeit gibt, am Festival aufzutreten. Mariann Bühler oder Ronya Othmann, die beide zum Jubiläum lesen werden, wurden hier genauso ausgezeichnet wie Heinz Helle oder Kim de l’Horizon. Dass deren Biografien ein kleines bisschen mit dem Literaare verknüpft sind, freut die Festivalgründerin fast am meisten. Ihr sei es immer ein Anliegen, eine Plattform zu schaffen – auch für den Nachwuchs oder Illustration.

Tabea Steiner hat das Literaare 2004 gegründet. Damals war sie Anfang zwanzig, studierte Germanistik und Geschichte und hatte gerade einen Schreibwettbewerb gewonnen. Die Auszeichnung beinhaltete, dass sie an ihrem Wohnort eine Lesung organisieren sollte: «Ich wohnte damals in Thun und hier gab es keinen Ort für Lesungen. Letztlich war das der Impetus. Ich dachte, eigentlich würde ich gerne so etwas organisieren.»

Steiner über die Entstehung des Festivals

Nach ersten Lesungen wuchs die Idee eines Festivals – auch wenn sie anfangs noch nicht ganz genau wusste, wie das gehen könnte, lacht Steiner. «Die Stadt hat das Literaare – zuerst mit sehr wenig Geld – von Anfang an unterstützt. Der damalige stellvertretende Leiter der Kulturabteilung, Philipp Burkard, ist auch Literaturwissenschaftler und hat wertgeschätzt, dass jemand Junges etwas versuchen will, und dieses Vertrauen finde ich jetzt im Nachhinein sehr schön.»

Für die ersten Ausgaben hatte Steiner das Programm noch selbst zusammengestellt und das Festival mithilfe ihres Freundeskreises durchgeführt. Die erste Eröffnung bestritt Hugo Loetscher im Foyer des Kunstmuseums, schon damals an einem Freitag. Am Samstag lasen dann Lukas Hartmann im Hotel Zunfthaus zu Metzgern, am Abend im Thuner Kultlokal Mokka die Gewinnerinnen und Gewinner des ersten Schreibwettbewerbs sowie Autoren der Oberwalliser Anthologie «Talwind».

Zum Abschluss war eine Sonntagsmatinee geplant, mit Erika Burkart und Ernst Halter. «Das war leider bereits unsere erste abgesagte Veranstaltung, denn sie war krank und eingeschneit», erzählt Steiner. «So sassen wir nach dem ersten Literaare alle ein bisschen deprimiert im Kunstmuseumsbistro und beschlossen: Wir machen es wieder!»

Zehn Jahre Wachstum dank ehrenamtlichem Engagement

Die ersten zehn Jahre sei das Literaare kontinuierlich gewachsen. Es kam ein Team dazu und es sind mehr Veranstaltungen geworden. Bis heute steckt viel ehrenamtliches Engagement in jedem Festival: «Es gelang uns bisher nie, genügend Geld zu beschaffen, womit wir unsere Arbeit wirklich bezahlen können», so Steiner. Vieles ist bis heute liebevoll selbstgemacht: «Wir schneiden beispielsweise die Tickets selbst auseinander.»

Auf die Frage, welche Wunschgäste sie auf ihrer persönlichen Liste hätte für Thun, wiegelt Steiner ab und betont, es sei nicht das Ziel, die mega-grossen Namen einzuladen. «Nur, wenn wir wirklich begeistert sind.» Vielleicht die Nobelpreisträgerinnen Olga Tokarczuk oder Elfriede Jelinek, aber letztere mache leider keine Lesungen.

Das sei aber nicht weiter schlimm, denn am wichtigsten ist Steiner, «dass das Literaare ein Ort ist, der zu Gesprächen beiträgt. Im Moment ist es etwas vom Wichtigsten, erbauende, gemeinschaftliche Erlebnisse zu haben und gemeinsame Freude zu teilen.»*

*Dieser Text von Philine Erni, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.

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