Regula Bühlmann (Grünes Bündnis) über die Kinderbetreuung
Bern 22.02.2022 - 09:35
Am 27. März wählt der Kanton Bern einen neuen Grossrat. Regula Bühlmann kandidiert für das Grüne Bündnis. Im Gastbeitrag erklärt sie, was ihr wichtig ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Ist die Kinderbetreuung Privatsache oder eine gesellschaftliche Verantwortung?
- Regula Bühlmann (GB) will sich im Grossen Rat für Unterstützung von Familien einsetzen.
- Ein Gastbeitrag im Vorfeld der Grossratswahlen im Kanton Bern am 27. März 2022.
Es ist eine sehr persönliche Entscheidung, eine Familie zu gründen und für sie zu sorgen. Diese Entscheidung müssen all für sich selbst treffen und niemand ist anderen Rechenschaft darüber schuldig.
Mein Partner und ich haben uns vor zehn Jahren bewusst gegen diesen Schritt entschieden, da wir uns eher als Freund:innen, Gotte, Onkel und Tante und weniger in der Elternrolle sehen. Die Kinder in unserem Umfeld danken es uns mit grosser Zuneigung.
Dass die Entscheidung darüber eine sehr persönliche ist, bedeutet jedoch nicht, dass Familie Privatsache ist. Denn Kinder sind unsere Zukunft und die Gesellschaft hat ein Interesse daran, dass es ihnen gut geht.
Das bedeutet, dass wir als Gesellschaft Verantwortung für ihr Wohlergehen übernehmen müssen. Deshalb engagiere ich mich beim Grünen Bündnis für eine gute Bildung, Chancengleichheit und den Erhalt unserer natürlichen Ressourcen, damit auch diejenigen, die nach uns kommen, noch eine lebenswerte Zukunft haben.
Ist Kinderbetreuung Privatsache?
Doch in der Schweiz wird die Kinderbetreuung immer noch als Privatsache betrachtet: Es herrscht vielerorts die Erwartung vor, dass Eltern – sprich Mütter – sich selbst um ihren Nachwuchs kümmern und dafür auf ihr Erwerbseinkommen oder einen Teil davon verzichten. Und sollten sie die Erwerbsarbeit der unbezahlten Betreuungsarbeit vorziehen, müssen sie sich um einen Betreuungsplatz bemühen und diesen oft so teuer bezahlen, dass vom Verdienst nur wenig übrig bleibt.
Für «private» Bedürfnisse gibt es einen Markt, der diese erfüllt, während gesellschaftliche Bedürfnisse wie beispielsweise die Schulbildung als Service Public organisiert sind. Der unsägliche Begriff «Fremdbetreuung» spricht Bände: Wer würde Schulunterricht als «Fremdbildung» bezeichnen?
Und so kommt es, dass der Kanton nur zu gern das Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung, für das er gemäss Bundesverfassung zuständig ist, durch private Institutionen organisieren und zu einem grossen Teil durch die Familien berappen lässt. Auch die schulergänzende Kinderbetreuung wird, wenngleich durch die Gemeinden und nicht privat organisiert, den Eltern teuer in Rechnung gestellt.
Kinder haben Anrecht auf bedarfsgerechten Platz
Wenn wir Kinder als die gesellschaftliche Verantwortung betrachten, die sie sind, bedeutet dies auch eine Übernahme der Verantwortung durch den Kanton: Dieser muss dafür sorgen, dass die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung gleich wie die Schulbildung als Service Public organisiert und durch die öffentliche Hand finanziert ist.
Jedes Kind muss ein Anrecht haben auf einen bedarfsgerechten Platz, der kein Loch in das Familienportemonnaie reisst. Genügend Betreuer:innen mit Ausbildung und Löhnen, die der ihrer grossen Verantwortung angemessen sind, müssen sich um unsere Kinder kümmern – und dies zu Arbeitsbedingungen, die gute Betreuung durch nicht überlastetes Personal ermöglichen.
Selbstverständlich ist dies alles nicht gratis zu haben. Doch Investitionen in die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung sind bei weitem die besseren Investitionen in die Zukunft als Steuergeschenke an Konzerne. Denn sie kommen nicht nur unseren Kindern, sondern auch ihren Eltern, der Wirtschaft und uns allen als Gesellschaft zugute.
Deshalb will ich mich im Grossen Rat dafür einsetzen, dass der Kanton seine Verantwortung übernimmt, indem er in ein qualitativ hochstehendes bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzender Kinderbetreuung mit fairen Tarifen und guten Arbeitsbedingungen investiert.