Wolf sorgt für Ärger im Wallis: «Wolfsjagd wird zur Wölflein-Jagd»
Sion 12.09.2024 - 17:02
Das Thema Wolf macht im Wallis erneut grossen Ärger. Nach nur einem bewilligten Gesuch zum Abschuss von Wolfsrudeln spricht man von einer «Ohrfeige» des Bafu.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Wallis darf nur ein Wolfsrudel geschossen werden – der Kanton hoffte auf vier.
- Der Entscheid aus Bern sorgt für Ärger und Unverständnis.
- Die Situation im Wallis sei mit 120 Wölfen ausser Kontrolle, sagt Staatsrat Favre.
Wieder sorgt das Thema Wolf im Kanton Wallis für grossen Ärger: Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) bewilligt nur eines von vier Gesuchen zum Abschuss von Wolfsrudeln – ein weiteres unter Auflagen. Bei den zwei verbleibenden reiche die vom Kanton vorgelegte Begründung der Schäden nicht aus, heisst es.
Für den Wolf im Wallis bedeutet das: Von den elf Rudeln, die der Kanton derzeit zählt, kann nur eines vollständig entnommen werden. Von der geschätzten Population von 90 bis 120 Tieren werden also etwa neun Wölfe geschossen.
Die News-Seite des «Walliser Boten», «pomona», spricht von einer «schallenden Ohrfeige» für die Walliser Bevölkerung. Vorab aber für die Nutztierhalter und Jägerschaft. «Wolfsjagd wird zur Wölflein-Jagd», lautet der Titel.
In einem Kommentar wird man sogar noch deutlicher: «Mit dem Bundesamt für Umwelt ist es wie mit der deutschen Ampelkoalition. Einfach am Volk vorbei entscheiden, auch wenn es von allen Seiten Kritik hagelt.»
Bei den Umweltorganisationen WWF, Pro Natura und Co. wären die Entscheidungen nicht anders ausgefallen, heisst es. «Wolfsschutz über alles in der Pro-Wolf-Bubble in der städtischen Deutschschweiz.» Dabei seien es die Bergkantone «und nicht die Schweiz, welche die Last einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Wolfspopulation tragen».
Wolf: Staatsrat ist «enttäuscht und wütend»
Kritik gibt es auch für Bundesrat Rösti. Dieser hatte eben erst «den Wolfsabschuss-Express gezündet» und sei dafür von seinen Parteikollegen im Berggebiet gefeiert worden. Der SVP-Politiker werde «von den Bafu-Beamten um den Finger gewickelt», wie Sommaruga und Leuthard vor ihm.
Der Ärger im Wallis ist wegen der abgelehnten Gesuche offensichtlich gross. Auch bei Staatsrat Frédéric Favre, der in der SRF-Sendung «Schweiz aktuell» sagt: «Ich bin enttäuscht und wütend.»
Im Wallis habe es elf, vielleicht auch 14 Rudel. «Wir haben Abschussbewilligungen für vier Rudel beantragt – jetzt dürfen wir nur eines schiessen. Das ist inakzeptabel.»
Ebenfalls unzufrieden ist Rolf Kalbermatten, Präsident des Oberwalliser Schwarznasenschaf-Zuchtverbands. Aus seiner Sicht ist der Entscheid «sehr enttäuschend». Im Hinblick auf den Wolfsbestand im Wallis und vor allem dem Oberwallis könne eine Regulation so nicht funktionieren.
Den Vorwurf von ungenügendem Herdenschutz will auch er nicht gelten lassen. «Wir haben 20 Jahre Herdenschutz betrieben und jedes Jahr kommen neue Auflagen dazu. Irgendwann sagen die Schäfer: ‹Jetzt ist genug des Guten.›»
Einige Leute würden dann nicht mehr mitmachen. «Dann ginge wertvolles Kulturgut verloren – das macht mir am meisten Sorgen.»
Staatsrat Frédéric Favre fügt an: «Beim Bundesamt für Umwelt sagt man, die Verhältnismässigkeit für mehr Abschüsse sei nicht gegeben. Wir haben im Wallis jetzt 120 Wölfe – da ist die Verhältnismässigkeit doch klar gegeben. Wir haben die Situation nicht mehr unter Kontrolle.»
Man setze sich dafür ein, dass Wölfe, Nutztiere und die Artenvielfalt nebeneinander möglich seien. «Aber mit diesem Entscheid aus Bern schaffen wir das nicht.»
Für Gruppe Wolf Schweiz ein Rudel zu viel
Etwas zufriedener mit den Bafu-Entscheidungen kann die Gruppe Wolf Schweiz sein. Sie scheinen «insgesamt plausibel zu sein», sagt Geschäftsführer David Gerke auf Anfrage von Nau.ch.
Gerke fügt an: «Es wurden aber Wolfsabschüsse bewilligt und über Abschüsse freuen wir uns nie.» Auch wenn es immerhin sehr wenige sind.
Den Ärger der Walliser Behörden verstehe er nicht. «Im Wallis hat dieses Jahr lediglich ein Rudel grössere Konflikte verursacht, das Nanztal-Rudel. Die Entfernung dieses Rudels ist bewilligt und die Abschüsse haben bereits begonnen. Dort, wo es Konflikte gibt, kann der Kanton somit regulieren.»
Die übrigen Rudel, die der Kanton habe entfernen wollen, seien hingegen weitgehend unauffällig, so Gerke. «Zum Teil gibt es nicht einmal Nachweise dafür, dass die Rudel als solche überhaupt Jungtiere aufziehen.»
Sollte sich der Kanton nun rechtlich wehren, käme es wohl zu einem langen Verfahren durch mehrere Instanzen. «Urteile wären dieses Jahr kaum mehr zu erwarten.» Werde aber nachgewiesen, dass die Rudel doch reproduziert haben und die Regulierung notwendig sei, könne er nochmals neue Gesuche stellen. Diese würden dann auch bewilligt.