Kandersteg BE: Gemeindepräsi hofft, dass der Berg bald kommt
Frutigen-Niedersimmental 03.10.2024 - 16:59
Oberhalb von Kandersteg BE bewegt sich der «Spitze Stei». Ein grosser Erdrutsch scheint nur eine Frage der Zeit. Einige möchten ihn lieber früher als später.
Das Wichtigste in Kürze
- Der «Spitze Stei» oberhalb von Kandersteg wird in den nächsten Jahren weiter abrutschen.
- Der drohende Erdrutsch könnte den Oeschinensee und Kandersteg gefährden.
- Der Gemeindepräsi hofft nun, dass ein Teil des Berges bald kommt.
Der Berg oberhalb von Kandersteg BE ist in Bewegung. 80 bis 90 Zentimeter pro Tag bewegen sich die Gesteinsmassen im Rutschgebiet «Spitze Stei». Kommt es zu einem Felssturz, drohen verheerende Schäden.
Gewaltige Murgänge und Überschwemmungen könnten das Gebiet rund um den Oeschinensee zerstören. Bei gewaltigen Massen sind Verwüstungen auch unten im Dorf in Kandersteg möglich.
In Kandersteg werden verschiedene Massnahmen getroffen
Bis zu 18 Millionen Kubikmeter Fels könnten ins Tal krachen. Das sind sechsmal mehr als im August 2017 das Dorf Bondo im Kanton Graubünden verwüstet hatten. Die Menschen in Kandersteg blicken täglich hoch zum Berg.
Bekannt ist die Gefahr, die vom «Spitze Stei» ausgeht, seit dem Jahr 2018. Bereits 2019 ist das Südwestende des Oeschinensees dauerhaft gesperrt worden. Der Wanderweg zur SAC-Hütte wurde umgeleitet.
Das Dorf Kandersteg wurde in verschiedene Gefahrenzonen unterteilt. In der «Zone rot», die auch weite Teile des Dorfkerns umfasst, darf deshalb aktuell nicht mehr gebaut werden. Das Dorf kann sich so kaum entwickeln.
In einem SRF-Dokfilm geht Gemeinderatspräsident René Maeder darum sogar so weit, zu sagen: «Ich wäre froh, wenn bald ein Stück vom Berg runterkäme. Dann würden wir mal sehen, was da oben genau passiert.»
Gerade für den Instagram-Hotspot Oeschinensee könnte aber auch ein kleiner Felssturz verheerende Folgen haben. Er liegt nämlich in unmittelbarer Nähe des bröckelnden Gesteins.
Je nach Fallrichtung der Gesteinsmassen kann das Landschaftsbild verändert werden. Der See selber ist vor 2300 Jahren schliesslich ebenfalls durch einen Felssturz entstanden.
«Haben den Berg im Griff»
Die Frage ist gemäss Experten nicht, ob der «Spitze Stein» abbricht und es zum Erdrutsch kommt, sondern wann. Deshalb gilt der Berg oberhalb von Kandersteg als der bestüberwachte Gipfel der ganzen Schweiz.
Nils Hählen, Leiter Abteilung Naturgefahren Kanton Bern, sagt im Film daher: «Ich hätte null Bedenken, in Kandersteg zu wohnen. Den Berg haben wir im Griff. Ich bin überzeugt, dass wir ein grösseres Ereignis voraussehen.»
Unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung oder Touristen besteht also nicht. «Man lebt hier in den Bergen und weiss, dass immer was passieren kann. Ich schlafe noch gut», sagt Maeder im Dok-Film lapidar.
Und auch die Touristen werden von der drohenden Gefahr nicht abgeschreckt. Jahr für Jahr pilgern mehr Menschen zum Oeschinensee, auch wegen den zahlreichen Postings von Influencern. Bleibt mit dem Blick zum «Spitze Stei» nur die Frage: Wie lange noch?