Jugendliche aus Asylheim bewerfen Kühe in Huttwil BE mit Steinen
Oberaargau 10.01.2024 - 08:47
In Huttwil BE ist es zu einem kuriosen Vorfall gekommen: Jugendliche aus einem örtlichen Asylheim haben Kühe mit Steinen beworfen, weil sie «stinken».
Das Wichtigste in Kürze
- In Huttwil BE leben minderjährige Asylsuchende in einem Sportzentrum.
- Sie helfen dort auch ab und zu den Landwirtschaftsbetrieben in der Nachbarschaft aus.
- Doch die Betriebe sorgen bei einigen auch für Frust – wegen des Gülle-Gestanks.
- Wohl deshalb beobachtete eine Frau Eigenartiges: Jugendliche bewarfen Kühe mit Steinen.
Im Sportzentrum in Schwarzenbach (Gemeinde Huttwil BE) sind seit einigen Jahren unbegleitete minderjährige Asylsuchende untergebracht. Das Zusammenleben mit der Bevölkerung funktioniert gut – doch ein kurioser Vorfall sorgt nun für Aufsehen.
Dazu kommt es während einem Match der Eishockey-Viertliga-Mannschaft Huttu Highflyers im Oktober. Eine Besucherin beobachtet vor der Halle, dem Campus Perspektiven, eine Gruppe Teenager, die an einer Kuhweide steht.
Zunächst denkt sie sich nichts Schlimmes. «Die Kühe kamen alle angerannt, weil sie neugierig waren», erinnert sie sich. Was dann aber folgt, schockiert sie. «Plötzlich hoben die Jugendlichen Steine auf und bewarfen die Tiere damit.»
«Wollte keinen Streit»
Die Oberaargauerin fordert die Gruppe Jungs auf, sofort aufzuhören. Doch die erklären ihr nur in gebrochenem Deutsch und mit Handbewegungen, dass die Kühe halt «stinken» würden. Und machen weiter.
«Ich bin dann gegangen, ich wollte keinen Streit», sagt die junge Frau. «Aber ich fand das völlig daneben – die Steine, die sie warfen, waren grösser als eine Faust.» Sie glaube, dass es Jugendliche aus der Asylunterkunft waren. Den Vorfall habe sie aber nicht gemeldet.
So erfährt auch die Besitzerfamilie der Kühe erst durch Nau.ch davon. «Das wird sich um unsere Gusti gehandelt haben», sagt eine Nachbarin des Sportzentrums auf Anfrage. «Bis jetzt ist mir aber nichts aufgefallen.»
Dass Steine auf dem Land liegen, sei noch immer so – aber das ist nichts Aussergewöhnliches. «Wir haben frisch gepflügt, da kommen Steine hoch.» Immerhin: Verletzungen habe sie bei keiner ihrer Kühe festgestellt.
Die Geschichte überrasche sie auch, wie sie sagt. «Die Jugendlichen aus dem Asylzentrum gehen eigentlich sehr vorsichtig mit Tieren um.»
Jugendliche beschweren sich über Gülle-Gestank und Kuhglocken
Aber: Sie höre nicht zum ersten Mal, dass sich einige der Teenager über den Landwirtschaftsgestank beschweren. «Es ist schon vorgekommen, dass sie geklagt haben, es stinke, nachdem wir gegüllt haben.»
Auch die Glocken der Kühe hätten schon für Zoff gesorgt. «Die Jugendlichen haben sich bei ihren Betreuungspersonen beschwert, dass sie nicht schlafen könnten. Ihnen wurde aber gesagt, das müssten sie akzeptieren. Schliesslich bekommen wir von ihnen auch manchmal Lärm mit.»
Offenbar hat sich also am Abend des Matches der Frust der Teenager auf ihre pelzigen Nachbarn entladen. Die Kuh-Besitzerin ist aber sicher, dass es sich um einen Einzelfall handelt. «Sonst hätten wir das im Dorf mitbekommen.»
Anwohner loben anständige Asylsuchende
Das sieht auch ein weiterer Nachbar des Sportzentrums so, der anonym bleiben will. Er sagt zu Nau.ch, er habe tatsächlich grosse Steine in der Weide gesehen und sich darüber gewundert. «Aber dass damit Kühe beworfen wurden, ist mir neu.»
Schlechtreden wolle er die Jugendlichen aus dem Asylheim keinesfalls. Sie seien grösstenteils anständig und unauffällig. Es habe nur wenige Vorfälle gegeben, von denen er teilweise auch nicht wisse, ob sie überhaupt mit ihnen zusammenhingen.
«Auf meinem Land, etwas weiter oben, lagen im Sommer auch schon grössere Steine.» Das habe aber schnell aufgehört, deshalb habe er es nie gemeldet.
«Die Jugendlichen haben Programm, da wird es ihnen meistens nicht langweilig. Solche Dinge passieren, wenn sie herumhängen und nichts zu tun haben.» Das sei aber selten der Fall.
Die für das Asylheim zuständige Stiftung B erfährt auch erst durch Nau.ch von dem Vorfall. Auch andere, ähnliche Zwischenfälle sind ihr nicht bekannt. «Die unbegleiteten Minderjährigen sind normalerweise sehr tierliebend und helfen manchmal bei benachbarten Landwirten mit», sagt Gundekar Giebel vom Kanton Bern.
Und er bestätigt, was die Anwohnerinnen und Anwohner selbst sagen: «Generell ist die Beziehung zu den Nachbarn gut.»
Jugendliche gehen als Mutprobe auf Kuhweiden
«Wir gehen davon aus, dass es sich hier um eine Ausnahme handelt», sagt auch Sandra Helfenstein vom Bauernverband. Was aber in der Schweiz immer wieder vorkommt: «Öfters gehen Personen, meist Jugendliche, als eine Art Mutprobe auf Kuhweiden.»
Davor, Weiden zu betreten oder Kühe mit Steinen zu provozieren, warnt sie: «Nicht nur wegen des Tierwohls, es kann auch für die jungen Leute schlecht ausgehen.»
Sie fände es deshalb wichtig, dass die Stiftung B mit den jungen Asylsuchenden spreche. «Sie sollte ihr Verhalten, die Folgen für die Tiere und ihre eigene Sicherheit thematisieren.»