Bern: Medizinische Versorgung für Benachteiligte
Bern 29.04.2024 - 16:45
Mirjam Arn (Grüne) und Mahir Sancar (Junge Alternative) sprechen im Gastbeitrag über die medizinischen Versorgung armutsbetroffener Menschen in Bern.
Das Wichtigste in Kürze
- In Bern haben viele Menschen keinen ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung.
- Gerade armutsbetroffene Menschen seien besonders betroffen.
- Die Fraktion GB/JA! setzt sich für ein niedrigschwelliges medizinisches Angebot ein.
Gesundheit ist ein Menschenrecht und steht allen zu. Trotzdem müssen auch in Bern viele Menschen ärztliche Konsultationen aus Kostengründen auf ein Minimum reduzieren und haben keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Zugang zu medizinischer Versorgung.
Dies, weil sie entweder keine Krankenversicherung haben oder die entstehenden Kosten trotz Versicherung nicht bezahlen können. Gemäss der Armutsstatistik des BFS kann jede 5. Person unerwartete Ausgaben von 2500 Franken nicht allein stemmen.
Von Armut betroffene Personen haben meistens die höchste Franchise und können den dadurch bedingten Selbstbehalt bei ärztlichen Konsultationen nicht tragen.
Viele Gründe halten Menschen von Arztbesuchen ab
Scham, zeitliche Engpässe wegen schlecht bezahlter, hochprozentiger Arbeit, Angst vor Kontrollen und Repressionen sind weitere Gründe, die Personen davon abhalten können, eine medizinische Einrichtung zu besuchen. Die Lücke zwischen benötigten und durchgeführten ärztlichen Konsultationen ist schwer bezifferbar.
Gerade armutsbetroffene Menschen, Sozialhilfebeziehende, Sans-Papiers, obdachlose Personen oder Sexarbeitende, ebenso wie Drogenkonsumierende, haben jedoch faktisch einen ungenügenden Zugang zu medizinischer Versorgung, wie der Berner Gemeinderat bestätigt.
Diese vulnerablen Personengruppen haben aber gerade aufgrund ihrer schwierigen Lebensumstände und gesundheitlichen Risikofaktoren einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Versorgung, was sich im klinischen Alltag täglich zeigt.
Kein niedrigschwelliges medizinisches Angebot in Bern
Kommen die Menschen nicht zur Medizin, muss die Medizin zu den Menschen gehen. So hat der Berner Stadtrat den Vorstoss zur Prüfung eines Gesundheitszentrums mit niederschwelligem Zugang für benachteiligte Menschen diskutiert.
In anderen Städten wie Zürich oder Genf bestehen Institutionen, die sich spezifisch um die medizinische Versorgung marginalisierter Personen kümmern, während es in Bern keine solchen Angebote gibt.
Vereinzelt werden Behandlungen von Sans-Papiers und Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus durch das Schweizerische Rote Kreuz SRK durchgeführt, wobei dieses Angebot jedoch nicht ausreichend ist, gerade für Personen, die aus anderen Gründen keine der konventionellen Angebote in Anspruch nehmen können.
Auch der Schulzahnmedizinische Dienst, welcher in Bern für die zahnärztliche Betreuung der Schulkinder zuständig ist, übernimmt weder die allgemeinmedizinische Versorgung, noch die zahnärztliche Behandlung erwachsener Personen.
Insgesamt befürwortet eine Mehrheit im Parlament die Prüfung eines neuen Gesundheitszentrums in der Stadt Bern, mobil oder standortgebunden. Das Postulat wurde überwiesen und wird durch den Gemeinderat weiter behandelt.