«Problematisch»: Beiz gibt Fleischgrösse mit «Giele» & «Meitschi» an

Karin Aebischer
Karin Aebischer

Bern,

Im Restaurant «Toi et moi» am Bahnhof in Bern kann man beim Entrecôte zwischen «Giele»- und «Meitschi»-Portion wählen. Das kann Gäste vor den Kopf stossen.

Fleisch
Mengenangeben den Geschlechtern zuordnen – das findet Psychologe Markus Theunert «problematisch, auch wenn das «tüpflischisserisch» wirken mag.» (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • 200 oder 160 Gramm Fleisch? Ein Berner Restaurant gibt die Auswahl in Geschlechtern an.
  • Die Bezeichnung «Giele»- und «Meitschi»-Entrecôte stösst bei Experten auf Kritik.
  • Es würden unnötig Geschlechterstereotype reproduziert und damit Freiheiten beschnitten.

Wer im Restaurant «Toi et moi» gleich neben dem Bahnhof Bern essen geht, hat die Qual der Wahl.

Bei den Fleischgerichten gibts nebst Cordon bleu, Thai-Chicken-Curry oder Burger auch ein «rosa gebratenes Schweizer Rindsentrecôte». Dies in zwei Grössen.

Das «Giele»-Entrecôte mit 200 Gramm und das kleinere «Meitschi»-Entrecôte mit 160 Gramm Fleisch.

Würdest du als Mann ein «Meitschi»-Entrecôte bestellen?

Diese Bezeichnung der Portionengrösse lässt einen Nau.ch-Leser bei der Bestellung zögern. «Ich fühlte mich als Mann fast verpflichtet, das «Giele»-Entrecôte zu bestellen, obwohl mir das kleinere Stück genügt hätte», sagt er zu Nau.ch.

Männer-Experte: «Freiheiten beschnitten»

Mengenangaben den Geschlechtern zuordnen – das findet Psychologe Markus Theunert «problematisch, auch wenn das ‹tüpflischisserisch› wirken mag.»

Denn so würden unnötig Geschlechterstereotype reproduziert und damit Freiheiten beschnitten, erklärt Theunert, der männer.ch vorsteht, dem Dachverband der Schweizer Männer- und Väterorganisationen.

«Es ist doch echt überflüssig, Restaurantgäste zur Überlegung zu zwingen, ob sie lieber die geschlechterkonforme Portionsgrösse bestellen – oder die, die zu ihrem Appetit passt.»

Fleisch
Beim Entrecôte kann man zwischen «Giele»- und «Meitschi»-Portion wählen. - Screenshot

Das findet auch die ernährungspsychologische Beraterin Alexandra Weber aus Glarus. «Jeder Mensch ist unterschiedlich.» Pauschale Antworten erachte sie daher als unzeitgemäss und als weiteres Bedienen von Stereotypen.

«Ist eine Frau zum Beispiel eher stämmiger, kräftiger gebaut, ist ihr Bedarf auch höher als derjenige eines eher schmalen und feingliedrigen Mannes», führt die Ernährungs-Expertin aus.

Zudem spiele man hier bewusst oder unbewusst mit Geschlechterrollen. Im Sinne von: Ein Mann braucht sein Fleisch, und davon bitte viel.

Im Entrecôte hats mehr als genug Protein

Fakt ist: Männer haben in der Regel aufgrund ihrer Körpergrösse, der Muskulatur und meist auch des höheren Gewichts als Frauen einen höheren Bedarf an Kalorien. «Zudem sind sie (noch) weniger körperfixiert als Frauen – dies spielt auch im Essverhalten eine Rolle», so Alexandra Weber.

Entrecôte ist reich an Protein. «Bereits bei der ‹Meitschi›-Portion von 160 Gramm kommt man auf stattliche 44 Gramm Protein. Dies wäre für beide Geschlechter mehr als ausreichend für eine Mahlzeit.»

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 0,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht für Erwachsene. Und ab 65 Jahren ein Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.

Gastro-Experte: Geht auf «Ladies Cut» zurück

Gastronomie-Experte Tobias Burkhalter erklärt, was hinter dieser Angabe auf der Speisekarte stehen könnte. «Seit Jahrzehnten spricht man in der Gastronomie vom sogenannten Ladies Cut beim Fleisch, das kleinere Stück. Ich gehe davon aus, dass es davon abgeleitet ist», sagt der Präsident von Gastro Bern.

Der Traditions-Wirt erklärt, dass er persönlich die Fleischgrössen nicht mit «Giele» oder «Meitschi» anschreiben würde. Er finde es aber auch nicht störend.

Die Remimag Gastronomie AG, zu der das «toi et moi» gehört, hat sich auf Anfrage von Nau.ch bisher nicht dazu geäussert.

Magst du so richtig grosse Fleischstücke auf dem Teller?

Mit solchen Bezeichnungen ist das Restaurant aber lange nicht alleine. «Gendermarketing gibt es überall», so Männer-Experte Markus Theunert.

Gerade bei Produkten für Kinder nehme das eher zu als ab. In der Summe habe das Wirkung und zementiere künstliche Geschlechterunterschiede.

Theunert erklärt: «Wenn diese Unterschiede immer und immer wieder reproduziert werden, fühlen sie sich mit der Zeit «naturgegeben» an, obwohl eigentlich Kultur und Kommerz dahinterstecken.»

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